Jahrbücher
Oldenburger Münsterland
Kommentar von: | Andreas Kathe | Interne Nr.: | 9645-02 |
Ländliche Bevölkerung vor der Industrialisierung |
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Eine eher theoretische Diskussion auf die Basis von gesicherten Fakten zu stellen, mit diesem Anspruch hat der junge Historiker Christoph Reinders-Düselder seine Dissertation ausgerechnet - und dankenswerterweise dem Südkreis Vechta gewidmet. Die Stadt Damme und die heutigen Gemeinden Steinfeld und Holdorf (der Ort gehörte früher zu Damme) sowie der Ort Neuenkirchen sind sein Untersuchungsgebiet. Und seine grundlegende Frage ist: Stimmen eigentlich all die Angaben, die wir über die Bevölkerung des vorindustriellen Zeitalters (von ca. 1650 bis 1850) haben, sind zum Beispiel die vielen Diskussion rund um die hohe Zahl von Heuerleuten berechtigt? | ||
Vorweg gesagt: Allein die Fülle an Daten die dieses Buch birgt, macht es schon zu einem für künftige Zeiten unentbehrlichen regionalgeschichtlichen Werk. Ein paar Beispiele nur: Reinders-Düselder schlüsselt zunächst die Gesamteinwohnerzahlen der einzelnen Kirchspiele auf und kommt zu interessanten Phasen der Bevölkerungsentwicklung: Nach dem 30-jährigen Krieg (ab Mitte des 17. Jahrhunderts) gab es in allen Orten eine starke Bevölkerungszunahme, die bis etwa 1720 andauerte. Dammes Einwohnerzahl (mit Holdorf) stieg von rund 3800 auf weit über 5000. | ||
In der Mitte des 18. Jahrhunderts flachte die Zunahmekurve stark ab, um dann ab etwa 1770 wieder enorm anzusteigen. Damme erreichte um 1820 eine Einwohnerzahl von über 3000. Anschließend setzte die Zeit der Auswanderungen ein. Und hier weist der Autor nach, daß es in Damme und Neuenkirchen, wo die Zahl der Einwohner zuvor rapide zugenommen hatte, eine sehr hohe Abwanderungsquote gab. In Steinfeld, wo die Bevölkerungszunahme zuvor verhaltener gewesen war, gab es eine wesentlich niedrigere Quote an Auswanderern. Die Datenerhebung geht übrigens - auch das ist sehr wichtig - bis in die einzelnen Bauerschaften hinein. | ||
Von besonderer Bedeutung sind die Untersuchungen zur sozialen Schichtung der ländlichen Bevölkerung. Ich kann hier nur ganz kurz erwähnen, daß Reinders-Düselder der immer wieder diskutierten Heuerlingsfrage nun endlich qualifizierte - und quantifizierte - Grundlagen verschafft. Eine der Grundaussagen: Die Zahl der Heuerlinge wuchs seit Mitte des 18 Jahrhunderts stark an, besonders dann ab Anfang des 19. Jahrhunderts. Ganz kurz gerafft: Das Verhältnis von Bauern zu Heuerlingen kehrte sich von 1650 bis 1800 praktisch um; dabei muß man dann noch die völlig unterschiedliche bäuerliche Struktur im Auge haben. | ||
Über die schlichte Datenerhebung hinaus ist ihre Verknüpfung mit allgemein zugänglichen Daten außerhalb unserer Region und die Diskussion der Ergebnisse ein Verdienst des Autors. So werden die Forschungsdaten aus Südoldenburg in einen größeren Zusammenhang gestellt. Das Werk Christoph Reinders-Düselders, der in seinem Buch viel mehr vereint, als ich hier in aller Kürze vorstellen kann, gehört in den Bücherschrank eines jeden regionalgeschichtlich Interessierten. |
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