Ahnenforschung im
O
ldenburger Münsterland

 

Prof. Dr. Clemens Pagenstert
Die Bauernhöfe im Amte Vechta

 

V.

Erbesqualität

 

  (Seite 16 im Buch)  
 

Von alters her gab es nach dem Umfange und nach der Berechtigung in der Mark verschiedene Klassen von Bauernhöfen. Es gab gehele (ganze) Erben, halbe Erben, Kotten. Schon Tacitus berichtet, daß man die Äcker unter sich nach der Geltung in der Gesellschaft geteilt habe. Sicher waren schon zur Zeit Karls des Großen geteilte Bauernstellen vorhanden, halbe Erben und Kotten. Im späteren Mittelalter sind viele Stellen geteilt worden. Teilungen fanden auch noch in der Neuzeit statt trotz des Verbotes der Behörden, wie im Amte Cloppenburg, so auch im Amte Vechta, namentlich in den Gemeinden Twistringen und Steinfeld. Man würde aber zu weit gehen, wenn man bei der Bezeichnung "halbe Erbe" immer an eine Teilung denken wollte. Es gibt sehr viele halberbige Einzelgehöfte, an denen nie eine Teilung vollzogen sein kann. Ebenso verfehlt wäre es, bei Halberben einen Umfang anzunehmen, der nur der Hälfte des Umfanges der Ganzerben entspräche. Der Unterschied ist vielfach nur ein sehr geringer. Wahrscheinlich sind die Halberben jüngeren Ursprungs als die Ganzerben, und aus diesem Umstande ist auch wohl die geringere Berechtigung in der Mark herzuleiten. Noch im Jahre 1746 wurden im Kirchspiel Garrel, wo sich die alten Verhältnisse noch am längsten erhalten haben, 2 Halbkötter zu Halberben, 6 Brinksitzer zu 1/3 Erben, 18 Anbauer zu 1/6 Erben angesetzt und dabei bestimmt, wie viel Vieh ein jeder in die Mark zu treiben berechtigt war, und im welchem Maße er zu den Dorflasten herangezogen werden konnte. (Vergleiche Willoh B. V S. 13 ff.)

 
 

Mit der Zeit bildeten sich folgende Abstufungen in der Erbesqualität im münsterschen Amte Vechta aus: Ganze einpflügige ("worauf ein Pflug geht") Erbe, halbe einpfügige Erbe, Erbkötter oder Pferdekötter, Gemeine Kötter, Brinksitzer, Häusler oder Gartner (im Amte Cloppenburg Brinkligger). Im Osnabrückschen unterschied man Vollerben, Halberben, Erbkötter und Markkötter, im Diepholzschen Vollmeier, Halbmeier, Kötter und Feuersteller. Häusler und Feuersteller hatten keine Berechtigung in der Mark. Beim Beginn der oldenburgischen Zeit begann man die Erbesqualität lediglich mit Rücksicht auf die Markenberechtigung von neuem festzustellen. Manche Halberben münsterscher Zeit rückten in die Klasse der Vollerben, erhielten damit gleichen Anteil an der Mark, verpflichteten sich aber auch zu größeren Spanndienstleistungen. Es kam aber auch vor, wie z. B. in Lüsche, daß Bauern, die sich in eine höhere Erbesqualität hatten aufnehmen lassen, wegen der vermehrten Spanndienstpflichten in die niedrigere Klasse zurücktraten. Nach Teilung der Marken und Aufhebung der Geschlossenheit der Höfe hat die Erbesqualität jegliche Bedeutung verloren.

 

 

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Stand: 06. März 2009