Ahnenforschung im
O
ldenburger Münsterland

 

Prof. Dr. Clemens Pagenstert
Die Bauernhöfe im Amte Vechta

 

III.

 Die Marken

 

  (Seite 7 im Buch)  
 

Einen wichtigen Gegenstand bildete früher für die Bauernhöfe die Berechtigung in der Mark, so daß man dieselben nach dem Grade ihrer Berechtigung in ganze, halbe usw. Erben einzuteilen pflegte. Die Mark, das heißt, das durch Merkzeichen wie Hügel, Bäche, Steine, Pfähle eingeschlossene Gebiet, war der gemeinsame Besitz einer größeren oder kleineren Gemeinheit, sei es Stadt, Dorf oder Bauerschaft. Im Mittelalter waren die Marken sehr ausgedehnt, lösten sich aber allmählich in eine Anzahl kleinerer Marken auf. Diejenigen, welche zu einer Mark berechtigt waren, hießen Markgenossen. Über Streitigkeiten in der Mark, über Weidegerechtigkeit, Plaggenmatt und Suddenstich, über Verkauf und Veräußerung von Markengrundstücken und Zulassung neuer Anbauer oder Brinksitzer entschied das Markengericht, das auch Holtgericht, am häufigsten Holtink genannt wurde. Doch konnten die Markgenossen nicht allein entscheiden. Nach altem Rechtsgrundsatz war der König oberste Lehnsherr allen Grundes und Bodens. An des Königs Stelle hatten sich mit der Zeit die Landesherren eingedrängt. Da sie außerdem durch ihre Domäuen und eigenhörigen Stellen in den meisten Marken den größten Grundbesitz hatten, so betrachteten sie sich als Markberechtigte im hervorragenden Maße. So konnte kein Hölting abgehatlen werden ohne den Landesherrn, welcher darin durch seinen Stellvertreter den Vorsitz führte.

 
 

So kam es, daß in fast allen Marken der Landesherr, im Amte Vechta der Bischof von Münster für den münsterschen Teil, der Bischof von Osnabrück für den osnabrücker Teil, das Markenrichteramt ausübte. Nur in einigen wenigen Marken war letzteres an andere Herren übertragen. In der Mark Vechta hatte der Stadtmagistrat die markenrichterliche Juristikation, in der Herrlichkeit Dinklage (Gemeinde Dinklage und Bauerschaft Brockdorf) seit 1677 die Familie von Galen. In der großen Deesberger Mark, die sich über die Gemeinden Damme, Holdorf, Neuenkirchen, B. Grönloh (Kirchspiel Badbergen), Dreele (Kirchspiel Gehrde), Hastrup (Kirchspiel Bersenbrück) und Schwege (Kirchspiel Hunteburg) erstreckte, war in früherer Zeit der Kolon Meyer zu Bokern Oberholzgraf. Die Oberholzgrafschaft wurde ihm aber von seinem Gutsherrn, dem Bischofe von Osnabrück, entzogen und den Beamten zu Vörden zugelegt, dafür aber die Unterholzgrafschaft und Wroge mit bestimmten Einkünften ihm belassen. Die Holzgerichtsbarkeit über den Dagersloh, einen großen zwischen den Bauerschaften Südlohne und Ehrendorf gelegenen, jetzt verschwundenen Waldbezirk, in dem 1585 die Bauerschaft Mühlen, der nördliche Teil der Bauerschaft Holthausen (Gemeinde Steinfeld), die Bauerschaft Ehrendorf, der größte Teil der Bauerschaft Südlohne und der Pfarrhof in Lohne mit bestimmten Wahren (Markberechtigung) berechtigt waren, war seit 1424 an andere Herren verpfändet, zuletzt an die Besitzer des Gutes ihorst. In der Goldenstedter und Einer Mark stritten sich der Bischof von Münster und der Graf von Diepholz um die Markengerichtsbarkeit, und wirde diese von beiden Teilen ausgeübt. In der Lutter Mark beanspruchte 1687 die Familien von Lutten die Holzgerichtsbarkeit, wurde aber im Prozesse zurückgewiesen. In allen anderen Marken des Amts ließ der Bischof von Münster durch seine Beamten unbestritten die Markengerichtsbarkeit ausüben. Der Markenrichter zog für seine Dienste ein Drittel der Schüttgleder und Markalbrüche und bei Veräußerungen und Zuschlägen als Entschädigung für den Wegfall dieser Gebühren ein Drittel des Wertes des Grundes. Mit der Zeit ging man dazu über, bei Teilungen ein Drittel vom Grund und Boden selbst zu verlangen. Als die münstersche Regierung im 18. Jahrhundert die wüsten Sanddistrikte im Amte Kloppenburg in Zuschlag bringen und aufforsten wollte, stellte sie es 1771 dem Markenrichter anheim, die Entschädigung in einem Drittel des zu besäenden Grundes zu nehmen. Später kam das Verfahren auch bei anderen Teilungen in Anwendung, konnte aber im Amte Vechta erst in oldenburgischer Zeit seit 1803 nac Auflösung des einflußreichen Vechtaer Burgmannskollegium, das immer gegen eine Ziehung der sogenannten Tertia in natura protestiert hatte, durchgeführt werden. Anweisungen aus der Mark haben schon im Mittelalter stattgefunden. So sind die Ortschaften Dümmerlohausen und Hüde in der Gemeinde Damme, Fladderlohausen in der Gemeinde Holdorf, die Köttereien in Südlohne aus Markenanweisungen hervorgegangen. In der Neuzeit geschahen die ersten Anweisungen größeren Umfangs zur Zeit der Wiedertäuferunruhen (1534/1535), als dem Lande durch die Belagerung der Stadt Münster große Kosten verursacht wurden, zu deren Deckung Grundstücke aus den Gemeinheiten verkauft wurden. Sie wiederholten sich zur Zeit der spanischen Einfälle (um 1600) und nach dem 7-jährigen Kriege. Neubauer, welche auf Markengründen ein Haus bauten, mußten jährlich an die Regierung ein Huhn, das sogenannte Rauchhuhn, prästieren, waren jedoch nach einer Verfügung vom Jahre 1772 für die ersten 6 Jahre frei. Im Jahre 1806 wurden von der oldenburgischen Regierung die Grundsätze festgesetzt, nach welchen die Teilung der Marken zu erfolgen hatte. 1907 waren alle Marken im Amte Vechta bis auf einen kleinen Rest (Holthausen und Wulfenau) geteilt. Die Bauernhöfe haben durch die Aufteilung derselben bedeutend an Umfang gewonnen. Aufgabe der Kolonen ist, die neuen Gründe in geeigneter Weise in Kultur zu bringen. Schwierigkeiten bietet an manchen Stellen der schwarzbraune Urboden, der sich unter der Oberfläche befindet und keine Feuchtigkeit durchläßt. Der Staat hat die ihm zugefallene Tertia zum Teil an Neubauer veräußert, zum Teil aufforsten lassen.

 

 

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Stand: 06. März 2009