Jahrbücher
Oldenburger Münsterland
Kommentar von: | Gerd Dethlefs | Interne Nr.: | 0049-04 |
Friesoythe im 18. Jahrhundert |
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Auf der Grundlage des - im Anhang Seiten 151-221 edierten und kommentierten – „Status animarum“ von 1750 rekonstruiert Sieve bemerkenswert akribisch die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensumstände in der Kleinstadt Friesoythe, unter Auswertung eines breiten, meist ungedruckten Quellenmaterials mit Rückgriffen bis in das 17. und mit Ausblicken in das 19. Jahrhundert. | ||
Nach Ausgleich der Verluste durch den Dreißigjährigen Krieg stagnierte die Einwohnerzahl (1750) bei 749 Personen (mit Außenbürgern 976), zumal der Durchgangsverkehr von und nach Emden rückläufig war und die bedeutende Sensenproduktion durch Preisverfall, Konkurrenz und Absatzschwierigkeiten in die Krise geriet. So entsteht das Bild bescheidener, ja ärmlicher und rückständiger Lebensverhältnisse auf leicht sinkendem Niveau; der Hinweis auf Hausneubauten (bezeugt etwa durch Hausinschriften, die im Anhang zu finden sind) oder auf die - ab 1738 entstandene und z.T. aus Strafgeldern der Bürger finanzierte - barocke Neugestaltung der Marien-Kirche hätte diesen Eindruck etwas relativieren können. Von überörtlichem Interesse ist das Verhältnis zur Zentralregieung, die ein Interesse an der Nutzung der Landstadt hatte, z.B. durch Rekrutierung. Der tätliche Widerstand dagegen führte 1745 zu einer Militärexekution, die die Stadt weit über 1.000 Taler kostete und in Schulden stürzte. Dies verschärfte die geschilderten Verteilungskämpfe und sozialen Spannungen innerhalb der Bürgerschaft, so daß 1746/47 die jährliche Ratswahl nach Cloppenburger Vorbild eingeführt wurde. Die aufgrund einer Eingabe der Bürgerschaft durch die münsterische Regierung erlassene Reform mildert den Eindruck einer Vernachlässigung der Grenzstadt. | ||
Daß Friesoythe um 1695 bis 1703 und um 1719 bis 1725 Garnisionsstadt war und eine Kompanie des jeweils in Vechta stationierten Infanterieregiments aufzunehmen hatte, erfährt man indes leider nicht; auch hätte man sich Vergleiche mit anderen Städten und Ortschaften gewünscht, um die Erkenntnisse historisch einzuordnen. Gleichwohl: Das Buch ist ein unentbehrliches, auch durch Register erschlossenes Nachschlagewerk für alle, die an dieser Stadt und ihren Einwohnern interessiert sind; es ist für Stadt- und Landhistoriker wie für Familienforscher, namentlich für die Friesoyther selbst eine lesenswerte Alltagsgeschichte im besten Sinn. |
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