Jahrbücher
Oldenburger Münsterland
Kommentar von: | Heinz Strickmann | Interne Nr.: | 9746-01 |
Agrarmodernisierung als Lebenserfahrung
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Gemessen an der Bedeutung der Landwirtschaft für das Wirtschaftsleben des Großherzogtums Oldenburg stellt sich die diesbezügliche Forschungslage zumindest im Bereich der Monographien als ausgesprochen bescheiden dar. So mußte sich auch die 1987 erschienene "Geschichte des Landes Oldenburg" noch ausschließlich auf die wenigen einschlägigen Werke aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts und eine eher spärliche Aufsatzliteratur stützen. In diesem Feld hat Bernd Mütter, Professor für Didaktik der Geschichte in Oldenburg, seit 1986 durch eine Reihe von Arbeiten den Gesichtspunkten einer modernen regionalgeschichtlich orientierten Agrargeschichte für das 19. Jahrhundert Geltung verschafft. Die beiden hier vorzustellenden Monographien folgen dabei völlig unterschiedlichen, aber einander wirksam ergänzenden Fragestellungen. Während die Studie zu Leben und Werk Friedrich Oetkens, des ersten Generalsekretärs der Oldenburgischen Landwirtschaftskammer, in den "anonymen Strukturen und Prozessen des geschichtlichen Wandels den handelnden und leidenden Menschen erkennen möchte" (Agrarmodernisierung 1990, Seite 5), setzt die Arbeit zur Agrarmodernisierung zwischen Reichsgründung und Erstem Weltkrieg die Meßlatte des intraregionalen Vergleichs an, um den landwirtschaftlichen Strukturwandel im Industrialisierungsprozeß zu verfolgen. Das einigende Band dieser beiden Perspektiven ist das Konzept der Agrarmodernisierung", jenes "gleichzeitigen Strukturwandels in allen Bereichen" (Agrarmodernisierung 1990, Seite 170) der Landwirtschaft, der auch in Oldenburg eine zumindest ökonomische Annäherung seiner mit so unterschiedlichen Voraussetzungen ausgestatteten Landesteile brachte. Friedrich Oetken tritt uns als ein mit durchaus "traditionellen bäuerlichen und christlichen Wertvorstellungen" ausgestatteter Hofbesitzer der nordoldenburgischen Geest gegenüber, den die Krise der deutschen Landwirtschaft in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts zu einer intensiven, Lektüre und Reisen verbindenden Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Vorbild veranlaßte. Seit 1895 in hauptamtlicher Position für die oldenburgische Landwirtschaft tätig, konnte Oetken entscheidende Weichenstellungen in jener Umbruchsphase vornehmen, in der die Umstellung auf eine exportorientierte Veredelungswirtschaft auf der Basis von Futtermittelimporten begann. Dieses Element der intensiven weltwirtschaftlichen Einbindung der gesamten oldenburgischen Landwirtschaft gibt letztendlich auch dem intraregionalen Vergleich zwischen der Wesermarsch und dem Amt Cloppenburg seine interregionale Perspektive. Belegt mit einem umfangreichen statistischen Apparat und ausgestattet mit einer profunden Literaturbasis, verfolgt die aus einem Forschungsprojekt hervorgegangene Arbeit von Bernd Mütter und Robert Meyer die einzelnen Strukturelemente der Agrarmodernisierung in ihrem regionalen Zusammenwirken. Das dabei aufgedeckte "Wechselverhältnis endogener und exogener Faktoren" macht eindrucksvoll deutlich, daß weder die weltwirtschaftlichen Einflüsse und Zwänge noch die regionen Strukturen allein in der Lage sind, die Dynamik der Modernisierung zu tragen. Sowohl die Biographie Friedrich Oetkens als auch der beispiellose wirtschaftliche und soziale Aufstieg der südoldenburgischen Territorien beschreiben jene Kombination von persönlichem Engagement, Weltoffenheit und der Fähigkeit zu struktureller Erneuerung, die den Übergang von Selbstversorgungswirtschaft zur rentabilitätsorientierten Produktion in der Landwirtschaft vorantrieb. |
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