Jahrbücher
Oldenburger Münsterland
Kommentar von: | Ernst Helmut Segschneider | Interne Nr.: | 9443-12 |
Töpferzentrum Wildeshausen
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In der Keramikforschung war das "Töpferzentrum Wildeshausen" seit langem ein vertrauter Begriff, ohne jedoch konkretere Vorstellungen ausgelöst zu haben. Mit den ersten Publikationen Heinz-Günter Vosgeraus in den siebziger Jahren begannen die Konturen sich klarer abzuheben. Grabungen in Oldenburg und Wildeshausen waren vorangegangen. Weitere archäologische Funde und vor allem eine Notbergung 1991 in Wildeshausen gaben der Forschung neuen Auftrieb. Das Resultat ist jetzt eine umfangreiche Sonderausstellung des Staatlichen Museums für Vor- und Frühgeschichte Oldenburg und des Niedersächsischen Freilichtmuseums Cloppenburg, begleitet von einem wissenschaftlichen Katalog. | ||
Die Ausstellung zeichnet sich durch ihre übersichtliche Gliederung, Verzicht auf Überfrachtung und ein ausgewogenes Verhältnis von Exponaten und erläuternden Texten aus. | ||
Der Katalog beginnt mit einer von Albrecht Eckhardt verfaßten wirtschaftshistorischen Standortbeschreibung Wildeshausens vom Mittelalter bis zur Wende zum 20. Jahrhundert. An diese Einführung schließt sich Vosgeraus Darstellung des Wildeshauser Töpfergewerbes und seiner Erzeugnisse an. Einleitenden Anmerkungen zur Forschungsgeschichte und zur Klassifikation der Keramik folgen ausfürliche Betrachtungen zu familien- und sozialhistorischen Fragen, zur Berufsorganisation der Töpfer (eigene Zunft seit 1670!), dann zum Handwerk selbst und seiner Produktion, zum Keramikhandel und schließlich zum Niedergang der Wildeshauser Töpfereien im 19. Jahrhundert. | ||
Was bisher rund um Wildeshausen, in Bremen, Oldenburg oder in Osnabrück nur wie ein Wetterleuchten in Archivalien des 17. bis 19. Jahrhunderts wahrgenommen werden konnte, ist jetzt mit der Vorlage dieser jüngsten Forschungsergebnisse zur Gewißheit geworden. Wildeshausen gehörte zu den wichtigsten Töpferzentren Norddeutschlands. Ein Stück wie der "Oldenburger Prachiteller von 1674" (Abbildung Seite 83), den Vosgerau Wildeshausen zuordnen konnte, beweist ein auch im überregionalen Vergleich sehr respektables Niveau (ein Wildeshauser Krug des 17. Jh. im Besitz des Kulturgeschichtlichen Museums Osnabrück stützt diesen Eindruck). Er deutet auch Kontakte an, die Wildeshausen direkt oder über Bremen mit niederrheinischen und schleswig-holsteinischen Töpferzentren unterhalten haben muß (Handel, Gesellenwanderungen). Wildeshausen erreichte seine höchste Produktionskapazität in den vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts, und noch im 19. Jahrhundert waren seine Produkte attraktiv genug, um von Osnabrücker Werkstätten (Berge) bis hin zur Kopierung des "Markenzeichens" W nachgeahmt zu werden. | ||
Eine wenn auch grobe - Datierung der im Katalog Tafel 1 ff. abgebildeten Objekte erlaubt der gegenwärtige Forschungsstand offenbar noch nicht. Bei dem Exemplar Tafel 44, Inventar Nr.9044, handelt es sich um einen Hasenbräter. | ||
Alles in allem ist mit den jetzt veröffentlichten Ergebnissen ein großer Gewinn für die Keramikforschung in Nordwestdeutschland zu verzeichnen. | ||
Osnabrück, 15.06.93 |
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