Jahrbücher
Oldenburger Münsterland

 

Kommentar von: Otto Dörner Interne Nr.: 9342-20

 

 
Auch wenn ich im Herbst komme... Eine Reise nach Japan
 
  Aus der Feder von Kulturschaffenden aus Vechta erhielten wir früher schon schöne Reisetagebücher, z. B. den Bericht von Musikprofessor Karlheinz Höfer "Mit Noten im Gepäck durch den Norden" über seine "musikalische Reise" mit Studenten aus Vechta durch Schweden oder den berühmten Groß-Essay "Rom-Blicke" von Rolf Dieter Brinkmann. Jetzt kann ein weiteres wichtiges Reise-Tagebuch angezeigt werden: "Auch wenn ich im Herbst komme... Eine Reise nach Japan" von Margret Buerschaper. Es ist nicht der Bericht einer Touristin mit der üblichen Beschreibung von "Land und Leuten" anderer Regionen, der Leser bekommt vielmehr ein eindrucksvolles Bild des besuchten Landes und erfährt auch, wie es zu diesem Bild kommt, weil er erkennen kann, wie sich die deutsche Ausgangskultur mit ihrer mentalen Prägung und die japanische Erfahrungskultur überlagern und wie die Darstellung von den Erfahrungen und Erlebnissen im Reiseland bestimmt wird. Und damit entspricht dieses Buch den Erwartungen der modernen sozial-psychologischen Stereotypenforschung und heutigen Kulturanthropologie, Wissenschaftszweige, die u.a. das ästhetische Potential nationaler Stereotypen erforschen mit dem Ziel, nicht nur Einsichten in Wesenszüge und Besonderheiten des anderen Volkes zu gewinnen, sondern auch das Gemeinsame unterschiedlicher Kulturen herauszustellen, auf daß die Völker der Welt vorurteilsfrei aufeinander zukommen und sich gegenseitig wertschätzen.  
  Die Autorin ist den Lesern dieses Jahrbuchs mit ihren nun schon 12 Gedichtbänden bestens bekannt, besonders mit ihren Kurzgedichten in der Art der japanischen Haiku-Formen. Ihr Reisetagebuch ist Dokument einer Kulturbotschafterin, die auf dem nationalen japanischen Kulturfestival 1990 als einzige Deutsche (und einzige Frau) unter Eingeladenen aus 12 Nationen die deutschsprachigen Haiku-Dichter zu repräsentieren hatte. Wie wirkungsvoll sie diese Aufgabe gemeistert hat, belegt ihr schönes neues Buch. Seine besondere Qualität liegt - über die eingangs erwähnten Vorzüge hinaus - in der geglückten Verquickung von Prosa-Reisebericht mit Haiku-Gedicht und Bildgut. Die besondere Note des Buches ist produktionsästhetischer Art: Der Leser wird unmittelbar in die in ausgewogener Prosa geschilderte Situation hineingeführt, in der ein Gedicht entsteht, und kann den kreativen Gestaltungsprozeß nachvollziehen. Und die Bilder erscheinen im Bericht- und Gedicht-Kontext nicht lediglich als schmückendes Beiwerk, sondern gewinnen den Charakter echter Textgraphiken, die den Sinn der Texte erweitern und das Leseerlebnis intensivieren.  

 

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Stand: 06. März 2009