Jahrbücher
Oldenburger Münsterland

 

Kommentar von: Reinhard Karrenbrock Interne Nr.: 0049-06
 
 
St. Johannes der Täufer: Glasmalerei des Historismus, Steinfeld in Oldenburg
Hundert Jahre Katholische Pfarrkirche Steinfeld
 
  Die katholische Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Steinfeld, die zwischen 1897 und 1899 nach Plänen des Architekten Wilhelm Rincklake im neugotischen Stil errichtet wurde, besitzt noch heute einen umfangreichen, nahezu vollständig erhaltenen Fensterzyklus aus der Erbauungszeit (Glasmalerei Oldtmann, Linnich), dessen Existenz bislang nur im näheren Umkreis Steinfelds bekannt war. Das Weihedatum der Steinfelder Kirche, die am 16. November 1899 - also vor genau einhundert Jahren - durch den münsterschen Bischof Hermann Dingelstad konsekriert wurde, wurde nun zum Anlaß genommen, die Glasfenster genauer in Augenschein zu nehmen, ihren Darstellungsgehalt zu untersuchen und in einem Bildband zu veröffentlichen.  
  Die von der Kirchengemeinde herausgegebene, mit einer Vielzahl von zumeist ganzseitigen Farbabbildungen versehene Festschrift stellt die Steinfelder Pfarrkirche mitsamt ihren Fenstern in sechs Abschnitten vor. Ruth Irmgard Dalinghaus behandelt, in Art eines Rundganges, die komplexe Ikonographie der historistischen Glasfenster, deren Zentrum und Ausgangspunkt ein dem Pfarrpatron Johannes dem Täufer gewidmetes Chorfenster bildet. Eingefaßt wird das Stirnfenster des Chores von verschiedenen Heiligen, die zum Teil auf die Stifter direkt Bezug nehmen, und von den Symbolen der vier Evangelisten, die in den äußeren Chorfenstern angebracht sind. Besonders hervorgehoben werden zudem die östlichen Fenster der Seitenchöre und des Querhauses, die jeweils mit szenischen Darstellungen geschmückt sind.  
  Im Gegensatz zu diesen dichten überaus kleinteilig strukturierten Fenstern, deren farbkräftige Verglasung in ihrer Gesamtheit beinahe teppichartig anmutet, erscheinen die weitgehend ornamental verglasten Fenster des Langhauses insgesamt sehr viel lichter. Die bekrönenden Maßwerkzwickel dieser Fenster, die durch große Dreipässe charakterisiert werden, sind zudem mit Darstellungen und Symbolen der Lauretanischen Litanei versehen - eine Verherrlichung Mariens, die durch Prälat Bernhard Beering in zwei Beiträgen ausführlich dargestellt wird. Ergänzt werden diese Überlegungen durch Anmerkungen zum Pfarrpatron Johannes Baptist (Pfarrer Franz Ortmann).  
  In einem weiteren, umfangreichen Kapitel behandelt Ruth Irmgard Dalinghaus den kultur- und kunsthistorischen Kontext, in dem die Steinfelder Fenster entstanden sind; zudem vergleicht sie die Darstellungen der Steinfelder Kirche mit anderen historistischen Glasfensterzyklen, die sich insbesondere im Oldenburger Münsterland, im Gegensatz zu den meisten anderen Regionen, in großer Zahl erhalten haben. Die schönen, großformatigen Detailabbildungen, mit denen dieser Beitrag versehen ist, führen die künstlerische Qualität und die fein differenzierte Farbigkeit der Malereien, die zu den bedeutendsten Arrbeiten der Oidmann-Werkstatt aus dieser Zeit zu rechnen sind, eindringlich vor Augen. Eine Einbindung der Steinfelder Fenster in die größeren nordwestdeutschen Zusammenhänge, die von Peter Holzwig an anderer Stelle knapp umrissen wurden, und eine damit verbundene Charakterisierung der Oidtmann-Fenster im Vergleich zu anderen Glasmalereiwerkstätten (z.B. Derix, von der Forst oder Hertel & Lersch) fehlt jedoch ganz.  
  In einem abschließenden Beitrag von Walter Scherbring ,wird die Baugeschichte der Steinfelder Pfarrkirche auf den Grundlagen zeitgenössischer Quellen dargestellt, die zudem durch Pläne und ältere Abbildungen ergänzt werden - ein Beitrag, den man sich, des besseren Verständnisses wegen, eher am Anfang des Buches gewünscht hätte. Deutlich wird an diesem Beitrag hingegen auch, daß die Glasmalereien, die einst (wie etwa Abb. 36 auf Seite 143 zeigt) durch ornamentale WandmaIereien ergänzt wurden, ursprünglich in einen größeren Gesamtzusammenhang eingebunden waren, der heute in dieser Form jedoch nicht mehr vorhanden ist.  
  Die über den üblichen Rahmen einer Festschrift hinausgehende Veröffentlichung der Steinfelder Glasfenster unterstreicht exemplarisch die Bedeutung der historistischen GIasmalereizykIen, die sich insbesondere in den Kirchen des Oldenburger Münstenlandes in ungewöhnlich großer Zahl erhalten haben. Die Einzigartigkeit dieses recht geschlossenen Bestandes, die erst in den letzten Jahren erkannt wurde (so bereits 1992 im neu bearbeiteten Dehio-Handuch Bremen/Niedersachse), veranlaßte die Oldenburger Landschaft, 1996-1998 eine Inventarisation dieser Fensterzyklen durchzuführen. Die hier vorgestellte Festschrift, die durch diese Bestandserfassung wesentlich mit angeregt wurde, weist am Beispiel der Pfarrkirche in Steinfeld auf diese zuvor nahezu unbekannte Besonderheit dieser Region hin - alles in allein eine ansprechende Veröffentlichung, die dazu anregen könnte, sich intensiver mit dem Bestand historistischer Glasmalerei und ihren Werkstätten auseinander zu setzen.  
  Anmerkungen:  
 

1. Peter HoIzwig, Die Architektur des Historismus im Bistum Münster, Zur Sakralbaukunst im 19. und frühen 20. Jahrhundert mit einem Exkurs zur Glas- und Wandmalerei, in: Imagination des Unsichtbaren, Ausst. Kat. Münster 1993, Bd. I, Seite 246-295, hier Seite 280-285.

 
 

2. Vgl. die zahlreichen Angaben bei Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bremen/Niedersachsen, bearb. von Gerd Weiss unter Mitarbeit von Karl Eichwalder, Peter Hahn, Hans Christoph Hoffmann, Reinhard Karrenbrock und Roswitha Poppe München/Berlin 1992.

 
     

 

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Stand: 04. April 2009